Die Nährstoffmedizin in der modernen Gesundheitsversorgung
Vitamine, Aminosäuren, Fette und Spurenelemente sind kein Geheimtipp mehr – immer mehr Menschen beschäftigen sich mit ihrem Nährstoffhaushalt und versuchen, diesen zu optimieren.
Wann sind Nährstoffpräparate wirklich sinnvoll?
Die Nährstoffmedizin, auch Orthomolekulare Medizin genannt, bietet individuelle Lösungen, etwa bei Stress oder zur Verbesserung der Lebensqualität im Alter.
Die wachsende Akzeptanz in der Bevölkerung zeigt sich in der steigenden Nutzung von Nahrungsergänzungsmitteln:

„57% der Bevölkerung in Deutschland nehmen Nahrungsergänzungsmittel, obwohl nur bei 16% ein Mangel festgestellt wurde.“
(BfR-Verbrauchermonitor 2021 SPEZIAL Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel, Bundesinstitut für Risikobewertung, November 2021)
Nährstoffe haben bestimmte Aufgaben im Körper und oft sind eine Vielzahl von verschiedenen Nährstoffen an einem Prozess beteiligt.
Wichtig hierbei ist das Bewusstsein, dass das Aktivieren von bestimmten Prozessen, eben durch bestimmte Nährstoffe, auch zuende gedacht werden sollte – denn was passiert, wenn wir das Auto betanken, aber der Reifendruck mangelt?
Der ganzheitliche Ansatz sieht vor, den Nährstoffhaushalt möglichst vollständig zu analysieren, um alle Faktoren auf einmal zu betrachten – und nicht nur einen zur Zeit.
Beispiel für wichtige Nährstoffe im Körper
Vitamin D als Schlüsselspieler
Die Nährstoffmedizin nutzt gezielte Nahrungsergänzungsmittel, um Defizite auszugleichen. Vitamin D ist eines der bekanntesten und am meisten supplementierten Vitamine überhaupt – aus gutem Grund, denn die Studienlage gibt hier ein klares Bild:
„Eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung reduziert das Risiko für akute Atemwegsinfektionen, insbesondere bei Personen mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel.“
(Martineau, A. R. et al., 2017. Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data. BMJ, 356, i6583. DOI: 10.1136/bmj.i6583)
„Vitamin D ist essenziell für die Regulation des Calcium- und Phosphatstoffwechsels und fördert die Mineralisation der Knochen, was für deren Stabilität entscheidend ist.“
„Ein niedriger Vitamin-D-Spiegel ist mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden, während eine Supplementierung die Herzfunktion verbessern kann.“
„Höhere Vitamin-D-Spiegel korrelieren mit einem reduzierten Risiko für bestimmte Krebsarten, einschließlich Brust- und Dickdarmkrebs, möglicherweise durch die Regulation der Zellproliferation.“
„Vitamin D spielt eine wichtige Rolle bei der Modulation des Immunsystems und kann die Schwere von Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose verringern.“
„Ein Vitamin-D-Mangel wird mit einem erhöhten Risiko für Depressionen in Verbindung gebracht, was auf seine Rolle in der Neurotransmitter-Regulation hinweist.“COVID-19 und Vitamin D
„Patienten mit einem Vitamin-D-Mangel (< 20 ng/ml) hatten ein signifikant höheres Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 im Vergleich zu denen mit ausreichenden Spiegeln.“
In der modernen Welt ist es nun einmal Fakt, das Menschen im Schnitt deutlich weniger Sonnenlicht erhalten, als es vor der Industrialisierung und Digitalisierung der Fall war.
Diese Studien sind nur ein Bruchteil der gesamten Datenlage – deshalb ist Vitamin D ein zentraler Dreh- und Angelpunkt in einer ursachenorientierten Diagnostik und Therapie. Doch auch hier ist Vitamin D nicht als einzelner Faktor zu sehen, sondern als eines von vielen Rädern des Stoffwechsels, die miteinander agieren und funktionieren müssen, um ein gesundes Milieu im Körper zu schaffen.
Die Funktionsweise der Zellen verstehen und ihre Leistung optimieren
Die moderne Lebensweise hat einen so schnellen Fortschritt erfahren, dass eine natürliche Evolution im Sinne der optimierten Anpassung nicht möglich war. Die Folgen sind frühzeitigere Schäden und Verschleißerscheinungen – vergleichbar mit einem Werkzeug, das falsch gehandhabt und gepflegt wird. Dennoch ist die Lebenszeit dank der vielen Hilfsmittel der modernen Lebensweise und der Notfallmedizin deutlich angestiegen. Leider verbringen wir aber immer noch einen Großteil dieser Lebenszeitverlängerung in Pflege- und Betreuungseinrichtungen, in denen wir fremdbestimmt sind. Lebensqualität hat auch etwas mit Selbstbestimmung zu tun – Cogito ergo sum, wie schon Descartes formulierte.
Die große gesundheitliche Herausforderung der heutigen Zeit ist folglich das Verständnis für und der verantwortungsvolle Umgang mit unseren Körpern, damit wir im Wandel der Technologien und Kulturen nicht unsere Wurzeln vergessen. In der Landwirtschaft und ertragsorientierten Tierzucht finden wissenschaftliche Erkenntnisse der Zellfunktion täglich ihre Anwendung. Dieses Wissen sollte auch dem Säugetier Mensch zuteil werden.
Neue Einflüsse unserer Zeit:
- Ergonomie am Arbeitsplatz und im Alltag.
- Bewegungsmangel, einseitige Belastungen.
- Stark verarbeitete Lebensmittel, Präsenz von Zucker und schädlichen Zusatzstoffen, hohe Kaloriendichte vieler Lebensmittelprodukte.
- Umwelteinflüsse in Form toxischer Metallen, Pesitizide, Chemikalien, künstlich generierter Frequenzen. „Dauerbeschallung“ durch Smartphone, Fernseher usw. als Normalität.
- Neue soziale Normen, Ansprüche und die ständige Konfrontation mit Problemen, das Getriebensein der Bereitschaft der ständigen Erreichbarkeit.
- … Und viele weitere Einflüsse.
Die moderne meidzinische Forschung stellt mit epidemiologischen Studien fest, dass gewisse Erkrankungen unter gewissen Bedingungen besonders häufig und stark auftreten – im nächsten Schritt liegt es an den Ärzten, für ihre Patienten die richtigen Empfehlungen auszusprechen, damit der Körper aus einem chronischen Stresszustand, wodurch auch immer induziert, in eine Balance übergehen und heilen kann. Man nennt so etwas Tanslationale Medizin, also das Übersetzen der Grundlagenerkenntnisse für den Gebrauch im medizinischen Alltag.
Vegetative Dysbalance und chronische Entzündungen
Die Biomasse, aus der unser Körper mitsamt seinen Mikrobiom besteht, befindet sich in einem ständigen Zerfall und Neuaufbau – es geht, medizinisch gesehen, also um die Frage, ob dem Körper alle Materialien, Mitarbeiter und die dafür vorgesehene Zeit gegeben wird, um die täglichen Reparaturen optimal ausführen zu können.
In diesem Sinne können Reparaturen mehr Zeit erfordern, unvollständig oder brüchig sein bzw. auch gänzlich ausfallen. Häufig muss der Körper improvisieren, da es nach dem Minimumgesetz immer eine Begrenzung gibt, häufig begrenzen wir das Ergebnis aber unnnötig früh.
Der Körper identifiziert mithilfe des Immunystems Gewebe, die repariert werden müssen – und verursacht dort eine entsprechende Entzündung, die wir uns wie eine Art Baustelle vorstellen können. Das Gebiet wird also isoliert und es wandern alle nötigen Mitarbeiter und Stoffe ein, um die Reparatur vorzunehmen. Im positiven Fall findet eine Restitutio ad integrum statt.
Eine chronische Entzündung ist allerdings ein Reparaturprozess, der nicht abgeschlossen werden kann. Der Körper benötigt Ruhephasen, ausreichend Mikronährstoffe und eine modulationsfähiges Immunsystem, um Reparaturprozesse ausführen zu können – ein chronischer Stresszustand, vor allem dann, wenn sich dieser auf das vegetative Nervensystem auswirkt, wird dessen Funktion maßgeblich eingeschränkt und wirkt sich auf eine Vielzahl von Regulationsprozessen aus. Als Beispiel seien hier nur einmal der Schlaf, das Schmerzempfinden, die Insulinsensitivität, die Fruchtbarkeit, die Konzentrationsfähigkeit, der Blutdruck, die Darmaktivität, psychische und neurologische Beschwerden, Hautveränderungen etc. genannt.

Lösungsansatz: Verstehen, wo und warum chronische Entzündungen bestehen und die Ursache beheben.
Eine Erkrankung oder ein Symptomkomplex sind die Sprache des Körpers, mit der er die Ursache des Problems vermitteln möchte. Die Aufgabe des Arztes ist, diese Sprache bestmöglich zu verstehen und die Schritte einzuleiten, die dem Körper bei der Selbstheilung helfen.
Folglich müssen Hindernisse, die die Heilung blockieren, aus dem Weg geräumt werden und alles, was der Körper für die Heilung benötigt, zugeführt werden.
Im ersten Schritt geht es also um ein ausführliches Erst- und dann auch Verlaufsgespräch sowie eine entsprechende, umfassende Labordiagnostik, um zu verstehen, wo der Patient steht. Anhand der Ergebnisse können dann Entscheidungen für die Therapie getroffen werden.
Am Beispiel des Eisenmangels ist folglich zu ermitteln, wie stark dieser ausgeprägt ist, warum er entstanden ist und wie er am besten ausgeglichen werden kann. Da Eisen über den Darm nur langsam aufgenommen werden kann und im Falle einer täglichen oralen Zuführung die Verwertung des Eisens über die Hepcidinbildung auch eingeschränkt wird, bietet es sich an, zunächst mit Eiseninfusionen, den angestrebten Ferritinspiegel (Eisenspeicher) zu erreichen und dann im Rahmen von Kontrollen dessen Abfall, also den individuellen Eisenbedarf zu ermitteln. Ist dieser dann gering, kann auf eine orale Eisenergänzung, die nur jeden zweiten bis dritten Tag erfolgt, gewechselt werden.

Unabhängig davon sollte geklärt werden, warum der Körper so viel Eisen benötig und verbraucht, sodass das über die Nahrung aufgenommene Eisen nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken – hier landen wir wieder bei der Funktion des Darmes und meist chronischen Entzündungsprozessen, die vielerlei Ursache haben können, aber auch bei sportlicher Tätigkeit, denn da verliert man nicht nur Schweiß.
In diesem Sinne ist es mitunter sinnvoll, auch Infusionen einzusetzen, die am Darm vorbei die nötigen Stoffe direkt zuführen oder im Rahmen einer Ausleitungstherapie (Ausleitung toxischer Metalle/Chelattherapie) toxische Substanzen zu reduzieren.
Weitere, wichtige Nährstoffe für den Körper sind:
- Alle Aminosäuren, insbesondere die 8 essenziellen Aminosäuren:
- Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin
- Die Fettsäurenbalance, insbesondere das Verhältnis zwischen der Arachidonsäure (AA) und der Eicosapentaensäure (EPA):
- Fettsäuren tragen maßgeblich zur entzündungshemmung oder -förderung bei, je nachdem, welche überwiegen. Deswegen ist eine vollständige Analyse der Fettsäuren sehr wichtig.
- Vitamine:
- Fettlöslich: E, D, K, A
- Wasserlöslich: B, C
- Vitaminmängel sind in der westlichen Welt immer stärker verbreitet, sodass sich bei chronischen Beschwerden und auch Leistungseinschränkungen, die viele Menschen noch als normal einstufen, ein Blick fast immer lohnt.
- Mineralstoffe und Spurenelemente:
- Mineralestoffe wie Eisen, Zink, Kupfer, Magnesium, Selen, Chrom und viele weitere werden immer stärker blind konsumiert – allerdings können Mineralstoffe auch mit anderen Mineralien im Körper interagieren. Beispielsweise führt eine andauernde und übermäßige Zinkeinnahme dazu, das Kupfer absinkt – was wieder weitere Probleme erzeugen kann.
- Folglich ist auch hier der Gesamtblick entscheidend.