Kryptopyrrolurie, Malvaria, KPU, HPU

von | 10. November 2005 | Publikationen

Kryptopyrrolurie - Ausscheidung verborgener Pyrrole im Urin, 
Malvaria– Ausscheidung des Malvenfaktors im Urin.

Kryptopyrrol = 2,4-Dimethyl-3-Äthyl-Pyrrol.
 Normalerweise werden die Pyrrole an Gallensäuren gebunden und über den Stuhl ausgeschieden. Geringe Mengen bis zu 10 µg/dl dürfen sich im Urin finden. Früher waren die Werte höher, dieses hat sich allerdings durch die Verfeinerung der Messverfahren geändert.
Ursächlich ist eine Enzymschwäche im Hämstoffwechsel, von der etwa 10 % aller Menschen in Deutschland betroffen sind und die vererbt wird. Das aktivierte Vitamin B6, das Pyridoxal-5-Phosphat ist nämlich wichtiges Coenzym der delta-Aminolävulin-Synthetase, ein Schlüsselenzym der Hämsynthese. Es kann dann auch eine mikrozytäre eisenrefraktäre Anämie auftreten, die aber nicht für die Kryptopyrrolurie spezifisch ist.
Ist KPU eine Erkrankung ? Welche Symptome treten immer auf ?
Die Symptome sind unspezifisch und stark schwankend. Sie erklären sich durch den Mangel an verfügbarem Zink und Pyridoxal-5-Phosphat, aber auch durch den oft gemessenen, wenn auch geringer ausgeprägtem Mangel an Biotin, Folsäure, Magnesium, Mangan, Kupfer und Chrom. Das schwächste Glied einer Kette bestimmt die Reissfestigkeit. Je nachdem, welcher Stoffwechselprozess gerade am meisten dieser Substanzen verbraucht, gestaltet sich das Symptom.
Die Therapie stützt sich auf den Ausgleich der Mangelsituation, die KPU gehört zu den Mitochondriopathien.
Um dieses zu ergründen, gibt es die Vollblutmineral- und -Vitaminanalyse, mit der man den tatsächlichen Bedarf ermitteln kann, der dann ergänzt werden kann. 
Unspezifische Symptome wie im Folgenden angeführt, können dann, sofern hier die Ursache lag, wieder verschwinden. Dieses Krankheitsbild unterliegt in der Ausprägung Schwankungen, kann lange kompensiert verlaufen und nimmt in der Regel unter Stress zu. Auch kann die Einnahme von Medikamenten einen höheren Bedarf wecken, so dass es erst darunter zur Dekompensation kommt. 
Einen erhöhten Bedarf an Vitamin B6 erzeugen zum Beispiel hormonelle Kontrazeptiva, Alkoholkonsum, Schwangerschaft- und Stillphase, Tuberkulosemittel, Basismedikamente der Rheumatherapie. 
Das Zink ist ein wahres Multitalent und damit an über 200 Enzymfunktionen beteiligt. Es ist ein wichtiges Antioxidans, ohne das im Immunsystem nichts läuft und ohne Zink sind psychische Erkrankungen, entzündliche Tendenzen und Störungen des Säure-Basen-Hauhaltes vorprogrammiert. 
Die wichtigsten zinkabhängigen Enzymgruppen sind
die Carboanhydrase (Niere mit Säure-Basen-Haushalt, Natrium- und -Wasserausscheidung),
die Alkohodehydrogenase, 
Carboxypeptidasen (Eiweißverdauung), 
Schutz der Zellen vor Schwermetallwirkungen durch Chelierung, 
Hormon-Metabolismus (Testosteron, Schildrüsenhormon, Wachstumshormon, Insulin, Prostaglandin)
Immunität. 
Einen Mehrbedarf oder Mangel an Zink erzeugen
Diabetes mellitus, Infektionen, Resorptionstörungen, Verdauungsstörungen, Verletzungen, entzündlich rheumatische Erkrankungen, Nieren- und Lebererkrankungen, vermehrter Alkoholkonsum, chronische Schwermetallvergiftungen, Wechselwirkung mit Medikamenten und übermäßiger Genuss von Phytaten, insbesondere bei reinen Vegetariern. 
Symptome: 
Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivitätssyndrom, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, fehlende Traumerinnerung, nervöse Erschöpfung, vegetative Dystonie, Angstzustände, Depressionen, schizophrene Psychosen, Müdigkeit, Rücken- und Gelenkschmerzen, Appetitlosigkeit, Wundheilungsstörungen, struppige Haare, brüchige Nägel, Striae der Haut, Dermatitis, Glossitis, Cheilosis (Entzündungen der Haut, des Mundes und der Lippen), microzytäre eisenrefraktäre Anämie, vermehrte Oxalsäure im Urin mit Nierensteinen aus Oxalaten, Hyperhomocysteinämie, Karpaltunnelsyndrom, Prämenstruelles Syndrom etc. siehe unter dem jeweiligen Mehrbedarf. 
Therapie: 
Ergänzung des Mangels dosisangepasst der Vollblutanalyse und dem Symptomverlauf; Ernährungs- und Medikationsmodulation.
Was sagen andere ?
 Was sind die neusetsen Erkenntnisse ?
Dr. Patrick Auth vom Labor Biovis und Dr. Ernst von tisso schreiben hierzu:
„ gemäß Patrick Auth“ kann sogar nicht nur in der Leber (dort auf Grund der hohen Stoffwechselrate und Enzymdichte aber besonders)  „aktives“ Pyridoxal-5-Phosphhat aus Pyridoxin entstehen. Ich glaube aber hier gibt es einige grundsätzliche Unklarheiten:
 
Es gibt 6 Formen Vitamin B6: Pyridoxin, Pyridoxal, Pyridoxamin und jeweils deren -5-phosphate. als „aktives“ Vitamin B6 wird in der Regel Pyridoxal-5-phosphat bezeichnet, zur Substitution aber Pyridoxin verwendet.
 
Hier die Begründung:
Pyridoxin wird bereits in der Darmmukosa durch die Pyridoxalkinase zu Pyridoxal-5-phosphat (P-5-P / PALP) phosphorylisiert und liegt in dieser Form zu etwa 60% im Plasma vor.  Die Resorption von Pyridoxin (auch von Pyridoxal und Pyridoxamin) verläuft gut (Untersuchungen bis 400 mg Pyridoxin oral) und ohne Sättigung. PALP wird hingegen langsamer resorbiert, da es erst durch die AP gespalten werden muss und nicht als komplettes Molekül aufgenommen werden kann. PALP kann auch keine Zellmembranen passieren, so dass dies zwar die biologisch aktive Form ist, z.B. bei den Transaminierungen, aber erst extrazellulär durch AP gespalten und im ICR wieder phosphorylisiert werden muss.
 
PALP könnte im ECR eine Art Depotform darstellen. Der Grund warum Pyridxin und nicht Pyridoxal verwendet wird, ist rein technischer Natur, v.a. die temperatur- und Lagerungsstabilität. Die Konzentration aller P.  im Erythrozyten (die wir messen) ist bei Gesunden(!) etwa 4 – 5 mal so hoch wie im Plasma, gezielte Untersuchungen zu diesem Verhältnis bei KPU liegen mir nicht vor. .
 
Quelle Bässler, et al., Vitamin Lexikon, 2. Auflage, ISBN: 3-437-21140-4
 
 
Im Zusammenhang mit der KPU ist hier zu Bedenken, dass die AP ein Zn-abhängiges Enzym ist und die Spaltung von PALP zum Übertritt durch die Zellmembran bei Zn-Mangel mit niedriger AP-Aktivität sogar eingeschränkt sein kann, so dass möglicherweise die direkte Gabe von Pyridoxin i.v., dass also nicht erst zur PALP in der Darmmukosa phosphorylisiert wird und daher auch nicht von der AP gespalten werden muss, die vermutlich beste Variante ist.
Ein hoher Spiegel „Vitamin B6“, im Vollblut (Plasma + Zellen) wie in der primären Frage von Dr. Wiechert beschrieben, und in der Tat sehr oft gefunden, kann daher möglicherweise einfach auf einen hohen Wert von PALP im Plasma hinweisen.
Die Möglichkeit einer Messung von PALP nur(!) im ICR ist mir nicht bekannt, obgleich dies natürlich der Parameter der Wahl wäre. Von daher propagiere ich bis auf weiteres therapeutisch parenterales B6 und die unbedingte Notwendigkeit den  VB-Zn Spiegel zu messen und wenn irgend möglich anzuheben.

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