Optikusatrophie, Schrumpfung des Sehnerven, LHON-Syndrom bzw. Lebersche hereditäre Optikusneuropathie

von | 30. April 2017 | Publikationen

PD Dr. Christian van Otendorp der Uniklinik Göttingen hat auf einem, von der Firma Synthera unterstütztem, Seminar im Rahmen des Kongresses der Augenärztlichen Akademie Deutschland in Düsseldorf geäussert, dass in einer placebokontrollierten Doppelblindstudie das synthetische Coenzym Q10 unter dem Namen Idebenon die Sehschärfe, die Achromatopsie und die Farbkontrasterkennung bei derLHON – Lebersche-Hereditäre-Oprikus-Neuropathie verbessert. Die Erkrankung wird von der Mutter vererbt. Es handelt sich um eine Punktmutation der mitochondrialen DNA. Diese kann in ihrer Anzahl in den Mitochondrientests des Labor MMD quantifiziert und im Therapieverlauf auch dokumentiert werden.
Männer erkranken zu 50, Frauen zu 15% daran. Warum die anderen nicht?
Der Krankheitsbeginn liegt zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr. 80 Prozent dieser Betroffenen entwickeln dann innerhalb von 12 Monaten eine hochgradige Sehbehinderung. Tritt unter der Therapie mit dem synthetischen Coenzym Q10, in der Dosis um 900 mg /d, binnen 18 Monaten, keine Besserung ein, kann das Medikament wieder abgesetzt werden.

Ich stellte schon vor längerer Zeit einige kritische Fragen zu dieser frustranen Entscheidung bei einer monokausalen Therapieform:
Gemeint ist die Lebersche hereditäre Optikus-Neuropathie (LHON), die 80 bis 100-mal/Jahr in Deutschland neu auftritt. Dabei handelt es sich um eine genetische Mitochondriopathie, bei der die retinalen Ganglienzellen degenerieren. Die Erkrankung wird von der Mutter übertragen. Denn die mitochondriale DNA läßt sich bis zur Ur-Eva zurückverfolgen. Dabei liegen auf der mitochondrialen DNA, der mtDNA, sogenannte missense-Punktmutationen. Am häufigsten ist  der Komplex I der Atmungskette davon betroffen, da die NADH-Dehydrogenase dann nicht gebildet wird. Es können aber auch Komplex III und IV davon betroffen sein. Die Schwäche der Atmungskette mit einem gravierendem ATP-Mangel verstärkt sich durch hohe Exposition der mtDNA gegenüber freien Sauerstoffradikalen. Betroffene Männer weisen ein Erkrankungsrisiko von 50% und Frauen von 10 – 15 % auf. Die Symptome treten meistens ab dem 20. Lebensjahr auf und führen dann innerhalb weniger Wochen zur Blindheit, die oft mit Herzrhythmusstörungen vergesellschaftet ist. Schulmedizinisch gibt es nun das Idebenon, ein synthetisches Analogon zum Coenzym Q10, das mit der mitochondrialen Atmungskette interagiert, die ATP-Produktion verbessert und darüber bei Patienten im Alter von 14 bis 64 Jahren in einer Dosis von 900 mg/d nach 24 Wochen 30 % Visusverbesserung zum Ausgangswert erzielt. Die Krankenkassen der EU, Norwegen, Island und Liechtenstein tragen die Kosten. Die Physiologie dessen was nun folgt, dürfte schulmedizinisch nicht angezweifelt werden, es ist aber keine Leitlinie.
Überhaupt müsste man das, was medizinisch in Deutschland gerade so gemacht wird, besser als die konventionelle, denn als die Schulmedizin bezeichnen, denn das, was ich hier zusammentrage ist ja das Produkt der Schulmedizin, es ist nur nicht üblich danach zu handeln. Man kann es aber als Argumentationskette für Begründungen gegenüber den KK nutzen.

Soweit so gut. Was lernen wir daraus?
Schon seit Jahren schreibe ich über die mitochondriale Dysfunktionen und die zu beeinflussenden Stellgrößen. Auch bei diesem  Medikament handelt es ich ja nur um ein synthetische Coenzym Q10, das für den Q-Zyklus an dem Komplex I und III der Atmungskette verantwortlich ist und damit den Transfer des zweiten Elektrons auf Cytochrom C vorbereitet. Die antioxidative Wirkung ist gegeben, wird aber nach neuen Erkenntisse nicht primär als solche genutzt. Ältere und in der Überzahl vorhandene Studien belegen aber die Bedeutung des Coenzym Q10 als Stellgröße der mitochondrialen Funktion bei verschiedenen Erkrankungen.
Wenn wir die Einflussgrößen der mitochondrialen Funktion betrachten, dann frage ich mich, warum man die Summe der Vitalstoffe, die ich im letzten Newsletter unter dem Thema "Sehstörungen bis hin zur Erblindung sind auf dem Vormarsch" subsummiert habe und die Hilfsantioxidantien, die z.B. bei einer nicht angelegten SOD2 lebenslang in Optimaldosis gegeben werden müssten, wie ich vor zwei Wochen geschrieben habe, nicht berücksichtigt werden. (Die Zeitangaben sind nicht auf den 30.04.2017 bezogen)
Letztendlich erkranken ja nur 50 % der Männer und 10-15 % der Frauen, warum diese und die anderen nicht? Offensichtlich reicht doch die genetische Veranlagung allein nicht aus, um zu erkranken! Zum einen können die Erkrankten weitere genetische Schwächen der Leberentgiftung 1-3 und zum anderen einen Lebenswandel haben, der mit mehr Oxidation und ggf. verminderter Versorgung mit Antioxidatien zu tun hat. Unter einer solchen Prädisposition vermehren sich mitochondriale Deletionsmutanten, wie ich es mit dem Mitochondrienprofilen des Labor MMD erfassen kann. Hier sehe ich auch die oxidative Stresstoleranz der Mitochondrien und kann daran meine therapeutischen Dosierungen anpassen.

Nun kann ich über das diagnostische Bild eines solchen Patienten berichten, der sich an mich gewendet hat:
LHON-Erkrankung, Erfassung von, die Mitochondrienfunktion beeinflussenden, Therapieerfolgshindernissen.

Sehr stark erhöhter Laktat-Pyruvat-Quotient in Ruhe, also hoher Bedarf an Benfothiamin und Nachweis anaerober Energiegewinnung zum Schutz vor Oxidation.

DAO-Aktivität an der Nachweisgrenze, also erhöhte Empfindlichkeit auf Histamin, somit histaminarme Ernährung und evt. Enzymergänzung.
AA/EPA 1:35 -> 1:1,5, also natürliches Fischöl mit mindestens 2 g EPA/d und Meiden von tierischen Produkten aus der Masttierhaltung und Reduktion des Koleelnhydratkonsums, wegen der wermehrten Umwandlung von d-h-y-LA zu AA unter Insulineinfluss.
Carnitin in der unteren Norm, also können die Fettsäuren an Komplex III der Atmungskette nicht eingeschleust werden und die mitochondriale Atmungskette ist hier nicht nur durch Coenzym Q10 ( Schritt1 und 3 der Atmungskette als Q-Zyklus) unterbrochen, sondern auch noch durch den Mangel an Carnitin, das der Körper eigentlich aus Methionin und Lysin selber bauen sollte. Daher Ergänzung dieser Mangelsubstanzen! S. a. Vitamin C.

Mangel an Neurotransmittern und Katecholaminen, also Ergänzung der Bausteine Tryptophan, Tyrosin, Magesium, Vitamin B6 und des in Avitaminose C dokumentierte Vitamin C. Der Patient aß übrigens sehr viel Obst, um auch gut mit Vitamin C versorgt zu sein. Also ißt er schnell verfügbare Kohlenhydrate und Fruchtzucker. Fruchtzucker zerstört ATP!
Latenter Eisenmangel mit Ferritin 60 mg/dl, Eisen ist ein wesentlicher Kofaktor der Mitochondrien. Bei Herzpatienten will man den Eisenspeicher für die mitochondriale Leistung der Myokardmitochondrien auf über 300 erhöhen.
GST-Gesamtaktivität nur 50 % und genetisch nicht angelegte GST T1 und M1, also kann das Enzym nur zu 50 % arbeiten, wenn es denn das Werkzeug Glutathion hat. Dieses zu geben wäre falsch, da die Patienten es in der Regel nicht vertragen. Der Körper muss es selber bauen. Die wesentlichen Bausteine, die ergänzt werden müssen, heißen Glycin, Cystein, Glutamin und Zink. Der Libero unter den Antioxidantien, der verbrauchte Antioxidantien reaktiviert, heißt a-Liponsäure. Diese sollte fester Bestandteil der Therapie sein.
SOD-Aktivität unter der Nachweisgrenze und homozygot nicht angelegt, also können die freien Sauerstoffradikale, die bei der Verbrennung der Kohlenhydrate an Schritt 1 der Atmungskette entstehen, nicht über das Zwischenprodukt H2O2 über die Katalase an die Glutathionperoxidae weitergereicht werden und verursachen solange Kollateralschäden, bis ein anderer (TEAM = toll ein anderer machts) aus der Gruppe der antioxidativen Kapazität diese freien Radikale neutralisiert hat. Sie sehen, dass das Glutathion auch an dieser Stelle eine Bedeutung hat. Es ist auch das Hauptantioxidanz an Schritt 4 der Atmungskette, wo die Proteine verbrannt werden und am Ende Kohlendioxid und Wasser entstehen sollen.
Induzierbare CYP1A2 und Cyp2C19, also können verlinkte Giftstoffe dazu führen, dass sie besonders schnell in das nächste giftigere Zwischenprodukt umgewandelt werden. Das führt dann dazu, dass sie sich vor dem Schritt 2 der Leberentgiftung, also der schwachen GST, stauen und solange Schaden anrichten, bis sie endlich abgebaut sind.
Nicht angelegtes Cyp3A5, also eher Probleme im Cholesterin-, Hormonstoffwechsel und der Medikation mit Antibiotika, Chemotherapeutika, Immunsuppressiva wie Cyclosporin, Psychopharmaka, Statinen.
Nur zu 80% aktive COMT, eigentlich sollten die Neurotransmitter, die wir im Mangel finden, hierdurch langsamer abgebaut werden. Dieser genetische Fehler steht im Zusammenhang mit der Veranlagung zu Fibromyalgie und chronischer Erschöpfung.
Homozygot mutiertes MDR1, es ist also unwirksam. Daher können die verschiedensten Substanzen innerhalb kürzester Zeit aufgrund ihrer Anhäufug in der Zelle zu Symptomen der Überdosierug führen.
Deutlich reduzierte VKORC1. Es dürfen also keine Vitamin-K-Antagonisten gegeben werden. Die Gerinnung muss kontrolliert werden. Erfreulicherweise waren die D-Dimere, als Hinweis auf ein Mikrodurchblutungsstörung, nicht auffällig.
Keine Aktivität zur Mitochondirenneubildung nachweisbar, somit zeigt das verabreichte Medikament Coenzym Q10 hier nicht die gewünschte Wirkung, da die Elektronentransportkette wegen des Mangels an Carnitin und Glutathion ausgebremst ist und die anaerobe Energiegewinnung (Laktat/Pyruvat) hier als Ersatzkraftwerk ohne freie Sauerstoffradikale den Schaden zu minimieren versucht.
Relativ hoher oxidativer Stress gemäß NRF-2 und Rhodanese-Aktivität, wie gesagt, den oxidativen Stress eben zu minimieren versucht und daher auf die mitochondriale Energiegewinnung nur dann zurückgreift, wenn es gar nicht anders geht.
Verminderte Anzahl von Mitochondrien und wir wir oben sehen auch keine Bestrebung zur Neubildung. PGC1a also nicht nachweisbar. Das gilt übrigens auch für viele andere Regenerationsprozesse im Körper.
Nachweis von mitochondrialen Deletionsmutanten. Der Nachweis dieser speziellen Mutante weist nach, dass mindestens 6 mitochondriale Enzyme nicht funktionieren. Der Nachweis dieser Mutation ist auch ein Surrogatparameter für das Vorhandensein anderer Mutationen. Diese sollten nach Bereitstellung aller im Mangel nachgewiesenen Substanzen durch dosierten oxidativen Stress, z. B. die intravenöse Sauerstofftherapie, ausgemausert werden. Dass das funktioniert, habe ich in praxiseigenen Fallauswertungen mit den Mitochondrienuntersuchungen des Labors MMD nachweisen können. Dazu werden aber unter Umständen drei Wochen der täglichen Therapie notwendig sein.
Relativ geringe oxidative Stressresilenz der Mitochondrien unter H2O2. Daher muss oxidativer Stress, in diesem Fall das Fitnessstudio, aber auch der Konsum von schnell verfügbaren Kohlenhydraten, von Elektrosmog, von Lösungsmitteln, Feinstaub, Insektiziden, Weichmachern, Formaldehyd, Rauchgasen etc. gemieden werden.
Erhöhtes IL10 für Mercaptane und Thioether. Das deutet auf einen Fäulnisprozess im Zahnbereich hin. Wurzelbehandelte Zähne sollten in diesem Fall gezogen werden. Zahnprozesse sind 12x aktiver hinsichtlich der Freisetzung proentzündlicher Botenstoffe, als z.B. ein Prozess an der Großzehe.
Darüber hinaus noch Hypovitaminose D, Vitamin D sollte bei so einer Erkrankung bei 75 ng/ml liegen und dort mit täglichen Dosierugen gehalten werden, wie man es auch bei MS-Studien für nötig hält. Nahezu jede Zelle benötigt Vitamin D. Es moduliert das Immunsystem und kontrolliert die Zellteilung. Biotin war übrigens in der Norm.

Avitaminose , also ein sehr geringer Vitamin A-Spiegel. 1000 µg am Tag werden für Erwachsene als täglicher Bedarf gefordert. Folgen eines Vitamin-A-Mangels bewirken am Auge:und C, also auch ein gravierender Mangel mit Einschränkung der mitochondrialen Funktion am Citratcyklus, Verhinderung der Bildung des Carnitins, wie nachgewiesen und somit Verhinderung der Einschleusung der Fettsäuren zur ß-Oxidation an Schritt 3 der Atmungskette.
Mangel an Kupfer, also fehlt das Zentralatom für Schritt 4 der Atmungskette und die Cytochrom-c-Oxidase, das Pendant zu Coenzym Q10 an Schritt 1 und 3 der Atmungskette und auch die mangelnde Diaminooxidaseaktivität ist davon abhängig. Es ist an der Bildung von Nervenfasern beteiligt. Der Kremer sieht das Curcumin als photonenübertragenden Hilfsstoff bei einem Fehler der Cytochromoxidase C.
Mangel essentieller Fettsäuren. Essentiell heißen die, weil man die essen muss, die kann der Körper nicht selber bauen. Bei so einer Erkrankung kann man auch nicht mit ausreichend argumentieren, da geht wie bei den 900 mg synthetischen Coenzyms Q10 nur eine Optimalversorgung. Ein Mangel an essentiellen Fettsäuren geht mit gestörter Sehkraft einher!
Mangel an Aminosäuren, also befindet sich der Körper in einem Improvisationsstoffwechsel und macht nur das Notwendigste um zu überleben, denn er weiss ja nicht, welche Gefahren noch zu überstehen sind. Dieser Mangel wird bei regelmäßger Ergänzung, in den Nüchternwerten, trotz Verbesserung der Symptomatik, zunehmen, da man hiermit nachweist, dass der Körper wieder auf die Versorgung vertraut, den Kontokurrentkredit erweitert und daher in der Schlaf- und Fastenphase auch wieder bereit ist, die Reserven für die Reparatur anzugreifen.
Der Nachweis einer Darmfloradysbiose sowie eines Leaky Gut-Syndroms. Neue Erkenntnisse betonen die Wichtigkeit des Mikrobioms. Es bildet im günstigen Fall antientzündliche Botenstoffe, wie z. B. die Propionsäure und mit der Butter- und Milchsäure der Säuerungsflora wird die Darmschleimhaut ernährt und repariert. Bei einem Leaky-Gut-Syndrom treten aber Nahrungsbestandteile in das Blut über, die da nicht hingehören und aktivieren das Immunsystem zu ihrer Bekämpfung. Es entsteht also eine silent inflammation, die auch die Blut-Hirn-Schranke beschädigen kann. In der Folge entstehen NAhrungsmittelunverträglichkeiten.

Der Ausgleich der Mängel und die Anpassung des Ernährungsverhaltens, die Optimierung der antioxidativen Kapazität, die Ergänzung von Carnitin, die x-fache Ergänzung von Benfothiamin, die Reduktion der Giftexposition aus der Umwelt, sofern möglich und die Optimierung der Restfunktionen der GST sollten doch eine Funktionsreserve für die Regeneration des Sehnerven ermöglichen.

Ich sehe hier zumindest meine Hypothese dahingehend bestätigt, dass auch weitere therapierbare Einflussgrößen berücksichtigt werden müssen.

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